Wenn du innerlich nicht hörst, kannst du äußerlich nicht sprechen; wenn du innerlich nicht siehst, kannst du äußerlich nicht sichtbar machen.

Franz Kafka

Künstlerische Experimentierfreude

1986 stellte die Ostschweizer Künstlerin, Buchautorin und Therapeutin Susan Osterwalder-Brändle erstmals in der Wiler Tonhalle aus. Wichtiger als auszustellen war für sie die kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer Arbeiten. Sie lernte die fotorealistische Malerei von der Pike auf, bildete sich bei verschiedenen Künstlern und an Kunstakademien weiter, feilte an ihrem Stil und fand zu jener Art des Malens, die es ihr erlaubte, Flächen handwerklich-technisch zu bearbeiten und gleichzeitig Stimmungen in einer abstrakten Form- und Farbensprache auszudrücken. Dabei legt sie sich nie auf eine einzige Richtung fest, sondern erlaubt sich den Luxus künstlerischer Experimentierfreude.

Während hektischer Jahre im Print- und TV-Journalismus in den 80er und 90er Jahren, blieb wenig Zeit für die Kunst. Dafür begeisterte sie in ihrer täglichen Arbeit der Ausdruck über Sprache und Worte, den sie in Kolumnen und TV-Sendungen intensiv pflegen durfte. Osterwalder war durch und durch Fernsehfrau und Geschäftsleiterin der ersten Schweizer Privatfernsehstation. Die berufliche Umorientierung von den Medien zur Medizin (1997; Ernährungs- und orthomolekularmedizinische Therapeutin) forderte sie ebenso wie der Aufbau der eigenen Praxis. In dieser Zeit begann die Malerei neben ihrer komplementärmedizinischen Arbeit wieder mehr Platz einzunehmen.

Anfangs 2000 kamen weitere Formen künstlerischer Gestaltung dazu, wie die Objektarbeit mit Beton in Verbindung mit Blattgold und Naturmaterialien oder Installationen und filigrane Objekte aus Draht. Malen und Schreiben (Buchautorin, redaktionelle Co-Leiterin einer Gesundheitszeitschrift) sind heute feste Bestandteile ihres beruflichen Alltags. 2017 wagte sie nach Erscheinen ihres dritten Buches den Schritt, sich ganz der Kunst in ihrer eigenen Atelier-Galerie KUNSTMACHEREI zu widmen.

(von Sabina Ullrich)

Natur als Vorbild

Sowohl in der Malerei als auch im Gestalten von Objekten spielen für Osterwalder organische Formen eine wichtige Rolle. Formal, farblich und durch ihre Ausstrahlung faszinieren sie deshalb Steine. „Steine sind Gelassenheit, Weisheit. Über Jahrhunderte, Jahrtausende gewachsene Energie; verdichtete Materie in einfacher, reiner Form. In meiner künstlerischen Arbeit interessiert mich vorallem die Gegensätzlichkeit unterschiedlicher Materialien; Schwere und Leichtigkeit, Verdichtung und Transparenz.“

Sie zu kombinieren, Experimente zu wagen, zu scheitern, Neues aufzubauen, wieder zusammen zu fügen und sich damit immer wieder der gängigen Regelsprache zu entziehen, reizt die Ostschweizer Künstlerin. Eine andere Form der Faszination für Steine war die Arbeit mit Beton, mit welchem sie vor 20 Jahren zu experimentieren begann. „Die Spannung zwischen einem schweren, archaischen Arbeitsmaterial und dessen Verarbeitung spornte mich an, neue Veredelungsformen zu entwickeln. So kombinierte ich Objekte aus Beton mit Blattgold, Fellen, Natursilikaten. Auch in der Arbeit mit Ton (naturidente Steine), den Installationen aus Draht oder verdichteten Formen aus Tierhaaren entstanden Objekte, die in einen lebendigen Dialog zwischen Schwerem und Filigranem treten - Beständigkeit und Vergänglichkeit immer wieder in Frage stellen.“ Heute steht die Malerei im Vordergrund und Osterwalders Arbeiten sind farbiger, transparenter geworden; erhalten durch Lasurschichten und formneutrale Abstraktion mehr Leichtigkeit.

„In meiner künstlerischen Arbeit interessiert mich vorallem die Gegensätzlichkeit unterschiedlicher Formen und Materialien; Schwere und Leichtigkeit, Verdichtung und Transparenz.“

(von Sabina Ullrich)